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Wikingmania - Symptome, Therapie, Heilungschancen

von Prof. Dr. med. Dr. wik. M.B. Magirus, Universität Lüdenscheid

Seit geraumer Zeit greift in beängstigendem Ausmaß eine Suchtkrankheit um sich, die populärwissenschaftlich als Wikingmania (med. morbus wiking) bezeichnet wird. Hierbei handelt es sich, vereinfacht gesagt, um den Drang, Modellautos einer bestimmten Herstellerfirma, sowohl im Maßstab 1:90 als auch - in neuerer Zeit, genauerer gesagt: seit Mitte der Achtziger Jahre - im Maßstab 1:87 um sich zu versammeln, wobei der Maßstab 1:160 m. E. an dieser Stelle vernachlässigt werden darf. In weitestem Sinne verwandt ist diese Krankheit mit morbus märkliniensis und morbus fleischmann. Auffallend ist, dass die Suchtkrankheit in fast allen Fällen Personen männlichen Geschlechts befällt, erkrankte Personen weiblichen Geschlechts werden in der Literatur nur in äußerst seltenen Fällen erwähnt.

Der Mediziner unterscheidet im Wesentlichen drei Spielarten der Wikingmania: Die Sucht nach alten Wiking-Modellen (med. morbus wiking antiquus), die Sucht nach aktuellen Wiking-Modellen (med. morbus wiking recentus) und die Sucht nach sog. Umbauten, wobei der Kranke versucht, auf legale Weise erworbene Suchtmittel nach eigenem Gutdünken durch Bekleben, Bemalen und unter Verwendung von Fremdmitteln seinen Vorstellungen anzupassen (med. morbus wiking destructivus).

Die Symptome der Wikingmania variieren je nach spezifischer Ausprägung der Krankheit: Der an morbus wiking antiquus Leidende fällt zunächst dadurch auf, dass er - entgegen sonstiger Gewohnheit - freiwillig seiner Gattin/seiner Freundin/einer anderen Bezugsperson erklärt, dass er selbstverständlich gern zum sonntäglichen Flohmarkt auf dem Parkplatz des großen Baumarktes um die Ecke mitkomme. Gleichzeitig wird er immer häufiger dabei ertappt, dass er in einem dicken Buch mit gelbem Pappumschlag blättert und dabei gelegentlich schwer zu definierende Laute der Verzückung ausstößt. Dieses Buch wird zu seiner Bibel, die er im fortgeschrittenen Stadium bei jeder Gelegenheit mitführt und auf die er sogar während seiner Urlaubsreisen nicht verzichten kann. Seine Sprache wandelt sich: Worte unverständlichen Inhalts ("bespielt", "unbespielt", "starker Königsbolzen", "Bodenprägung", um nur einige zu nennen) gehen ihm wie selbstverständlich über die Lippen, ohne dass sich Außenstehenden deren Sinn erschließt.

 
 

Alarmierend ist die finanzielle Sorglosigkeit, die der an morbus wiking antiquus erkrankte Mensch an den Tag legt: Teilweise werden astronomische Beträge investiert, um an Suchtmittel zu gelangen, die in der Herstellung möglicherweise nur Pfennige gekostet haben (wir erlauben uns, hier weiterhin von "Pfennigen" zu sprechen, da der an morbus wiking antiquus Leidende seine Sucht auf Produkte richtet, die vor der Einführung des Euro hergestellt wurden). Manche werden selbst zum Dealer in sog. Internet-Auktionshäusern, wobei die Tragik dieser Entwicklung darin besteht, dass, tritt der Süchtige als Verkäufer auf, er grundsätzlich einen zu niedrigen Preis für seine Ware erzielt, tritt er aber als Käufer auf, er immer für einen deutlich überzogenen Preis den Zuschlag erhält. Eine derartige Sucht-"Karriere" endet häufig in finanziellem Ruin und menschlicher Vereinsamung, in einigen Fällen ist auch schon von erheblichen Ehekrisen berichtet worden.

Bei morbus wiking recentus sind die Symptome weniger deutlich ausgeprägt: Was in der oben beschriebenen Spielart der Krankheit der Flohmarkt und das Internet-Auktionshaus, ist hier der Spielzeugladen, an dem der Erkrankte nur mit größter Mühe vorbeigehen kann. Anstelle des besagten gelben Buches liest er vornehmlich in Prospekten, seine Suchtsprache ist weniger auffallend - sieht man einmal von den häufig verwendeten Begriffen "Neuheitenblatt" und "Modellpflege" ab. Tragisch an dieser Form der Sucht ist vielfach, dass sie mit Krankheiten wie morbus märkliniensis oder morbus fleischmann zusammenfällt.
morbus wiking destructivus ist zur Zeit noch nicht umfassend erforscht, weil man lange Zeit der Meinung war, dass sie nicht in die Gruppe der Wikingmania-Erkrankungen gehöre. Für diese Annahme spricht m. E., dass die Krankheit vielfach in Mischformen auftritt, die auch Elemente der Suchtformen morbus herpa destructivus, morbus brekina destructivus, morbus albedo destructivus und morbus rietze destructivus beinhalten. Auffallend ist, dass an morbus wiking antiquus und morbus wiking recentus Leidende zwar teilweise eine Gruppenbildung anstreben, ihnen aber der von morbus wiking destructivus Befallene eher als Außenstehender gilt, da er seine Sucht nicht in gewisser Weise "puristisch" durchlebt.

Die Frage nach Therapie und Heilungschancen ist von äußerst diffiziler Natur. Vorab müssen wir zwei Dinge klar und deutlich festhalten:

Wikingmania ist nicht heilbar.         ABER:          Wikingmania ist nicht lebensbedrohend.

Da dem so ist, kann eine erfolgreiche Therapie nur auf Linderung der unangenehmen Begleitumstände ausgerichtet sein. Viele untaugliche Versuche sind in der Vergangenheit unternommen worden, ohne dass es zu sichtbaren Erfolgen kam: So wurde Erkrankten das Taschengeld gekürzt, wurden Vitrinen in Kellern versteckt, wurde ganze Sammlungen hinter dem Rücken des Betroffenen in Kleinanzeigen zum Verkauf angeboten. Genützt hat dies alles in den genannten Fällen wenig.

Erfolgreicher sind neue Ansätze in der Suchttherapie: So schließen sich Betroffene in Selbsthilfegruppen zusammen, um mit Leidensgenossen Aspekte ihrer Krankheit zu diskutieren, manche entwickeln Homepages im Internet, um sich zu öffnen und inneren Druck abzubauen. Sehr erfolgreich ist auch die "Therapie der Kleinen Schritte": Man schenkt dem Betroffenen eine Eintrittskarte zur Intermodellbau, zu Weihnachten bekommt er - sorgsam verpackt - die Neuauflage eines Henschel HS 100. All dies sind gute Wege, um dem an Wikingmania Erkrankten trotz seines Leidens eine angemessene Lebensqualität zu garantieren.



© 2000-2013
Michael Broer